In der Kneipe traf ich noch Antonio den Lastwagenfahrer. Er ist kunstbeflissen, ich sehe es ihm an, sehr angenehm. Wir unterhalten uns, ich versehe nichts, doch intuitiv schon. Er spielte schon vorher als ich mich mit den Anderen unterhielt den Dolmetscher, da verstand ich ihn schon. Wir kamen auf Kunst zu sprechen, genauer auf <pintura> und da zeigte ich ihm sinnigerweise meinen Zeichenblock, natürlich nichts in Farbe, wie peinlich.
Er hat zwei bambinos, Junge und Mädchen, seine Frau verließ ihn.
Übrigens, Spucken ist in der Kneipe erlaubt. Der Zementfußboden löchrig auf dem eine Schicht Sägespäne liegt fast wie in einem Stall. Die Brettertheke halb der Länge nach grün, dann Indigoblau mit Ölfarbe gestrichen, ebenso wie die beiden runden Tische die viel zu hoch den Mexicanern fast bis zum Kinn reichen. Sechs Stubenfliegen und zwei Obstfliegen tummeln sich auf dem Tisch. Der Zettel den Antonio gestern schrieb liegt nun links neben mir auf dem Boden. Vier quadratische Plastiktische nebst Stühlen der Brauerei <superior>, zwei Eingänge mit offenen kobaltblauen Türen. Hallo sagt jemand, wahrscheinlich kennt er mich von gestern und spuckt eine Riesenkuttel in meine Richtung und bleckt seine Zähne. Der Blick zu beiden Ausgängen wird von spanischen Wänden aus Bambus mannshoch verstellt. Sechs selbstgezimmerte Barhocker mit quadratischer Sitzfläche, drei davon Preußischblau, einer Indigo, der Rest Marinablau. Zwei riesige Ventilatoren die anscheinend nicht funktionieren über mir und eine Holzsäule ziemlich in der Mitte an zwei gegenüberliegenden Seiten mit Brettern verschalt und jeweils unten am Fuß zwei Fingerbreit abstehen, so daß man hindurchschauen kann und den Spinnwebendreck sieht der sich im Lauf der Zeit ansammelt, wie bei uns hinter Kühlschränken. In Kopfhöhe befinden sich an benachbarten Seiten die Schalter für die Ventilatoren und obwohl die Säule einmal ursprünglich weiß gewesen sein mochte, sind die Schaltkästen von Philips mit blauen Farbklecksen versehen. In der Decke ein größeres Loch worin das Welldach durchlugt. Die eigentliche Decke aus fahlen stumpfen Palmzweigen die sich hier und dort bedrohlich nach unten neigen.
Das unter und über die spanischen Wände hereinfallende Licht bricht sich auf den waagrechten Flächen als blauer gehöhtes Licht. Die Halbschatten leuchten in einem kühlen Gelb.Hinter mir auf einem Podest trohnt die Musikbox.
Die Wand rechts von mir ist teilweise mit aufgestapelten Kartons verdeckt, besitzt vier Pfeilervorsprünge jedoch sonderbar regellos, asymmetrisch angeordnet. Der größere in der Mitte hat bei zwei Meter Höhe ein größeres Loch, bis zum Kern der Eisenarmierung.
Weite Karibik.Tulum.
Die Schatten an der Säulenuhr. Das Licht an der Säule links am Sommer- und Winteranfang. Mit dem Kopf nach unten strampelt der Sonnengott. Die Federn, die Sonne, der Mund zusammen ist der Mensch. Der Gott hat einmal die Hände von sich weggestreckt, zugleich aber noch vier Arme zum Himmel gerichtet. Eine Quelle, heute versiegt, gleich nach dem Observatorium dort hinten. Die Gräber der Höchsten gleich dort vorn. Die Männer sind oft senkrecht begraben.
Drei hohe Stelen in der Mitte des Palastes. Davon in der Mitte die herabstürzende Sonne, links die nach unten sich windende Schlange, rechts die Unkenntlichkeit. Darunter die hohen Ränge mit Masken und in Sandalen. darunter der Fries der bestellten Schiffe der Küste entlang, noch innerhalb des Korallenriffs. Dort schlägt das Meer weiße Wellenkämme, bis dort scheint das helle blau-grün der Karibik. Aus dieser Richtung steigt die Sonne. Der weiße Sand ist hier selbst in der Mittagsglut kühl. Nach Sonnenuntergang scharen sich hier die Wolken schwarzer Moskitos und trinken Blut.
Weite Karibik.Palenque.
In der Morgendämmerung aufgestanden und auf die ersten Sonnenstrahlen gewartet. Die Büsche und Palmen dunkelgrün gegen den blauen weißen Sand. Ein großes weißes Fischerboot kielaufwärts gegen dunkle Wolken, später zur Hälfte rosa-violett. Rasend steigt die Sonne aus dem Wasser. Ein Strahlenfächer umfängt die Wolken. Mich der Schreck im Restaurante, Maxwell Cafe.
Eineinhalb Tanks von Tulum, über Chetumal, quer durch Campeche nach Palenque. Geschäftige Grenzstadt Chetumal, Tand aber auch schon Olivetti. Eine Militärstreife durchsucht mich, Heckklappe auf, Handschuhfach, das Gewehr im Anschlag, zuletzt nur <gracias senior>. Ich fahre die pfeilgerade Landstraße die dort am Horizont durch ein Nadelöhr paßt, desgleichen im Rückspiegel. Links und rechts des Asphalts beginnt der Urwald. Hier und dort einige Geier die das As fressen. In den wenigen Rodungen zweimal Mayaruinen gesehen und Indianerhütten mit Palmdächern, kleine schwarze Schweine, Truthähne, einige Bananenstauden, Zitrus, dahinter wieder Urwald. Nach 200 km breites Marschland, viele Tümpel und hohe Streichholzpalmen, dazwischen Pferde und Rinder und entengroße schneeweiße Vögel mit orangenem Schnabel, sitzen auf Büschen wie lotusblüten und auf den Rücken der Esel. Ich rieche Verwesungsgeruch, dann sehe ich eine braune Masse. Wo sind nur die Geier! Es regnet. Die Landschaft wölbt sich sanft, sonore dunkle Büsche ins satte grün der Wiesen gesprengt. Fern zeichnen sich in den Wolken Berge ab. Dort liegt Palenque. Im schönen 50$ Hotel vor zwei Jahren noch für 28$ übernachtet. Ich muß zur Bank der Urlaub wird teuer.

Morgens um 9 zur Bank. Um 10 öffnet sie endlich, jedoch falsche Bank, nur banco national gibt mir Geld auf mastercard. Dazu müssen sie aber zuerst mexico city einschalten um die Gültigkeit bestätigen. Doch sie bekommen keine Verbindung. Dann will ich Dollar in peseten wechseln, das geht nur auf internationalen Flughäfen bekomme ich zur Antwort. Genug.
Am Ort der Schlangen sind vier Monumente freigelegt. Etliche hundert sollen noch im Urwald liegen stehen. Das Mausoleum hat 63 Stufen entsprechend den Herrscherjahren des Königs aus der klassischen Maya-Periode. Vor den Stufen ein runder steintisch, Opfertisch mit Blutabflussrinnen nur für Tiere oder sich selbst ein wenig peinigen. Oben auf der Treppe geht es wieder 63 Stufen hinab zur Krypta die mit 200 Tonnensteinen verlegt wurde. Drei gewaltige Tafeln mit Inschriften fast zerstört nur die letzten Zeilen sind übersetzt: der Sohn der Sonne geht nach Norden. Im Grab selbst eine überdimensionale Grabplatte etwas angehoben mit gewaltigen Reliefs durch die man das eigentliche Grab sehen kann. Eine übermenschliche Stilisierung des Körpers. Er war der erste König, zuvor waren alle Königinnen. Wahrscheinlich mit seiner Schwester verheiratet, sein Sohn hatte sechs Finger an einer Hand, er selbst einen Klumpfuß. In Fötushaltung soll er begraben sein. Sein Palast hat Wasserklosett. In der Mitte der Zeremonienplatz, in dessen Mitte das Observatorium. Von dort blickt man in die weite Ebene bis zu den ersten Hängen der Berge. Alle Fenster in T-Form. T wie <ig> der Name für Gott des Windes. Die Wände alle in rot und blau.
Weite Karibik.Wo ist Bonambak?
Die Kartenstudie zeigt in dicken Lettern Bonambak 178 km. 5 km Hochglanzasphalt mit Tempo 140 hinuntergedonnert, dann hoch aufgeschütteter weißer Schotter ebenfalls 5 km mit Tempo 70 gefahren, dabei leicht geschlittert, dann katastrophale Schlaglöcher mit 30 gefahren. Ranchos links und rechts. Große saubere Bäche, Flußidylle mit badenden Indianern in grünem Wasser. Überhaupt viele Indianer auf der Straße die sorgfältigst die Fahrbahn verlassen wenn sie ein Auto hören. Frauen, Frauen mit umgehängten Kindern, alte Männer mit Säcken oder Holz auf dem Rücken. Oft nur sitzen sie am Straßenrand, ab und zu Blick auf Palmgedeckte Hütten, Hängematten, Hühner, Truthähne und Schweine. Immer noch fatale Schlaglöcher in Tempo 30, in eineinhalb Stunden schon 43 km gefahren. Die Straße ist so schlecht, daß ich umkehren will, jedoch das Schicksal will weiter und ich auch. Ich bekomme mehr Erfahrung und gehe die Schlaglöcher diagonal an, das bringt mehr Stabilität. Später fahre ich schon 80 und 90 und macht Spaß.
Zusehends wird auch die Straße besser, die Untergründe wechseln vom felsigen zu mehr roter Erde, dann nach goldgelb und ganz weich und ganz leicht darauf zu brausen.
Jäh dann doch wieder ein Schlagloch, das Bodenblech biegt sich hoch. Draussen jetzt grandioser Urwald links und rechts. Ich halte. Vor mir liegt eine überfahrene Schlange etwa eineinhalb Meter lang, dick in der Mitte wie mein oberarm, der Kopf nicht größer als mein Daumen und Zeigefinger zusammen. Ganz laut singt ein Vogel und so wunderschön wie ich es noch nie hörte. Ich muß weiter, immer noch kein Bonambak. Am Bach nochmal Halt, Haare waschen, kleine Fische die mir im Rudel die Haut abknabbern und sich auf die milchige Seifenlauge stürzen als wären sie am verhungern. Ein Indianer kommt fröhlich pfeifend um sich ebenfalls zu waschen. Wir begrüßen uns, ich gehe. Die Brücken werden schmaler und schmäler. Es dämmert. Es regnet. Es schüttet. Bin jetzt schon 180 km gefahren, trinke meinen letzten Schluck Tequilla in froher Erwartung. Plötzlich ein Häuschen, ein Mann in Uniform frägt wo ich hin will, nach Bonambak sage ich. ja da muß ich 70 km zurück fahren, hier ist die guatemalische Grenze.
Ungläubig öffne und schließe ich sieben Mal beide Fäuste auf die er wie gebannt starrt und unversehens stößt er sein <si ,senior> hervor. Ich rase völlig entnervt zurück. Nach 50 km zischt es. Ich wills nicht wahr haben. halte endlich nachdem sich der Wagen absolut nicht mehr steuern läßt. Reifenwechsel. Noch 130 km vor mir, keinen Ersatzreifen und fast kein Benzin. Nun schon 82 km zurückgefahren, noch kein Schild Bonambak. Dort eine Kreuzung, einHaus. Ich frage .Ja vielleicht 15 Minuten wieder zurückfahren, dort geht's nach Bonambak. Also wieder zurück. Endlich ein Haus, halte, 8 Kinder stürmen mir entgegen, wollen mir Halsketten verkaufen, greifen in meine Taschen, schwupps weg war mein bester Stift. Wo ist Bonambak frage ich, ja diesen Weg natürlich unbefahrbar mit dem Auto. Zurück nach Palenque entschloss ich mich jetzt zitternd. Wird das Benzin reichen? Ich ziehe die Schuhe aus, welch ein Wahnsinn wie weit man das Gaspedal durchdrücken muß um 30 zu fahren. Schreckliche entnervende Stunden vergehen. Ich weiß, wenn der Schotter kommt ist es nicht mehr weit. Doch es kommt kein Schotter und der Benzinzeiger fällt und fällt. Aber ich habe eine Chance es zu schaffen. Endlich etwas Schotter, dann wieder keiner. Ich weiß, es muß viel Schotter, hoher Schotter sein. Endlich, und dann schon der Asphalt. Ein Auto, der Fahrer winkt, ich halte an. Es nieselt, Benzinuhr zeigt gleich Null, ach ja sein Auto fährt nicht mehr, ob ich ihn abschleppe? Ja, schon aber ich hab fast kein Benzin. <Macht nichts> oder so ähnlich sagt er, er hätte schon.